Förderverein für den Wiederaufbau der Marienkirche in Königsberg/Nm.
Website - Druckausgabe

Zur Startseite

Förderverein für
den Wiederaufbau der Marienkirche in Königsberg/Neumark e.V.

Zur GalerieWiederaufbau

Die polnische Denkmalpflege erkannte sehr bald nach dem Zweiten Weltkrieg den Wert des Kirchenbaues. Erste Aufräum- und Aufmaßarbeiten erfolgten bereits 1961. Es fehlten aber die Mittel zum Wiederaufbau oder auch nur zur Sicherung der Ruine. So blieben die immer noch eindrucksvollen Trümmer stehen, Wind und Wetter griffen das Mauerwerk an, so dass auch einige bis dahin noch erhaltene Teile zerfielen. Das Innere des Kirchenschiffes wurde sogar als Schuttabladeplatz für die Trümmer des gotischen Brunsberg-Rathauses gegenüber genutzt, als dieses in den achtziger Jahren wiederaufgebaut wurde.

nach oben Der Anstoß zum Wiederaufbau und erste Baumaßnahmen

Günther Kumkar

Der Hannoversche Architekt Günther Kumkar, der im Jahre 1942 in der Marienkirche konfirmiert wurde, besuchte 1986 mit seiner Frau und zwei seiner Kinder zum ersten Mal nach dem Kriegsende Königsberg-Chojna und sah die zerstörte Kirche. Der gut erhaltene Zustand der Umfassungsmauern ließ die Idee reifen, die Kirche wieder aufzubauen. In dem Prälaten der dortigen Pfarrgemeinde, Antoni Chodakowski, fand er einen Partner für dieses ehrgeizige Projekt. Daraufhin gründeten im Jahre 1989 einige ehemalige Königsberger auf seine Initiative in Hannover einen Förderverein, der sehr bald durch interessierte Freunde und Förderer aus Ost und West vergrößert wurde.

Ruine der Marienkirche 198x - Innenraum

1991, nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, konnte aus ehemaligen DDR-Beständen Gerüstholz gekauft werden. So war es der polnischen Denkmalpflege möglich, eine genaue Bestandsaufnahme zu machen und polnische Architekten entwarfen die ersten Rekonstruktionszeichnungen. Mit diesen Unterlagen konnte nach finanziellen Förderungen Ausschau gehalten werden.

Die ersten Mittel kamen vom Generalkonservator der Wojewodschaft Stettin und von der polnischen katholischen Kirche in Warschau. Damit konnte zunächst der obere Rand der Umfassungsmauern zum Teil gesichert werden. Den Durchbruch und damit den Beginn des Wiederaufbaus brachte am 14.02.1994 die Zusage auf Fördermittel für den Wiederaufbau von der "Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit in Bonn und Warschau". Diese nach der Wende gegründete Institution stellte ehemalige deutsche Kredite an Polen statt einer Rückzahlung für deutsch-polnische Gemeinschaftsprojekte in Polen zur Verfügung. So erhielten z.B. auch die Begegnungsstätten in Kreisau und in Külz Hilfen zum Aufbau.

Kirchenschiff und -dach

Auf Antrag des Fördervereins wurden im Februar 1994 13 Milliarden alte Złoty (etwa 1 Million DM, umgerechnet ca. 500.000 €) durch die "Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit" aus Mitteln der Bundesrepublik Deutschland für den Wiederaufbau des Kirchenschiffes und -daches zur Verfügung gestellt. Bedingung dafür war die Gründung einer deutsch-polnischen "STIFTUNG MARIENKIRCHE" mit je drei deutschen und drei polnischen Institutionen als Stifter, die Bauherr, Nutzer und Fördermittelempfänger werden sollte.

Gerüst mit neuem Dachstuhl

2.9.1995:
Richtfest

Mit diesem Geld konnte zunächst der 20 m hohe Mauerkranz ausgebessert und ergänzt werden. Dann wurden neun Betonstützen errichtet und danach der 40 m hohe Dachstuhl aufgebaut. Am 2. September 1995, 56 Jahre nach Beginn des zweiten Weltkrieges und 50 Jahre nach Kriegsende konnte im 7. ökumenischen Gottesdienst das Richtfest gefeiert werden. Die Fenster wurden verglast und später ein Rohfußboden aus Beton gelegt. Die Eindeckung des Kirchenschiffes erfolgte dann mit Mönch- und Nonnenziegeln. Der Kirchenraum konnte nun unabhängig vom Wetter für Veranstaltungen genutzt werden.

Der Wiederaufbau des Kirchenschiffes ohne Innenausbau kostete ca. 2,4 Millionen Złoty, umgerechnet etwa 1,2 Millionen D-Mark, ein erstaunlich günstiger Preis angesichts der Dimensionen der Marienkirche. Allein das Schiff hat eine Länge von 57 m und eine Firsthöhe von 40 m.

nach oben Sicherung des Turmes und Neubau des Turmhelmes

Im August 1997 sollte in der Marienkirche im nunmehr 9. ökumenischen Gottesdienst die Fertigstellung des ersten Bauabschnittes mit dem Erzbischof von Stettin-Cammin gefeiert werden. Doch kurz vorher stellte man fest, dass sich die Spitze des Stüler-Turmes geneigt hatte und zudem ein stählerner Ringanker geborsten war. Wegen akuter Einsturzgefahr musste die Kirche und die daneben liegende Straße gesperrt werden. Noch einmal sprang dankenswerterweise die "Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit" sehr spontan ein und finanzierte mit 520.000 Zloty zunächst die statische Untersuchung mit einem aufwendigen Gerüst und anschließend die Sicherung des Turmhelmes mit einem Stahlbetonkorsett, das Anfang 1999 fertiggestellt werden konnte.

2003:
Der neue Turmhelm

Der neue Turmhelm

Aus gestalterischen, vor allem aber aus sicherheitstechnischen Gründen, musste die Betonkonstruktion vor Witterungseinflüssen und damit vor erneutem Verfall geschützt werden. Aus Mitteln der Bundesrepublik, bewilligt vom "Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien" in Bonn/Berlin, aus dem Fonds "Hilfen zur Sicherung deutschen Kulturgutes in Osteuropa" konnte der Turmhelm in drei Bauabschnitten in den Jahren 2000 bis 2003 mit einer Kupferbedeckung auf einer Holzschalung geschützt werden. Der Entwurf des polnischen Architekten Płotkowiak lehnt sich an den ursprünglichen Stülerschen Turm an.

Die Kosten betrugen ca. 260.000 €. Nun leuchtet die vergoldete Kugel mit dem Kreuz vom 102 m hohen Turm weit in die Oderlandschaft hinein. Günther Kumkar nannte diesen Kirchturm den mahnenden Zeigefinger im unteren Oderraum, der zur Versöhnung aufruft nach Krieg und Zerstörung. Er konnte dieses sichtbare Symbol der Friedenskirche nicht mehr erleben, er wurde im November 1997 durch den Tod aus seiner Arbeit abberufen. Peter Helbich wurde als sein Nachfolger zum Vorsitzenden des Fördervereins und der STIFTUNG gewählt. Er wurde in der Kirche 1939 getauft.

Weitere Arbeiten am Turm und an der Kirche

Die Europäische Union bewilligte aus Interreg III A-Mitteln Zuwendungen zum Ausbau des unteren, viereckigen Teiles des Kirchturmes, die wieder durch Mittel des "Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien" ergänzt wurden. Die Baufirma KONSART aus Stettin baute Geschossdecken und Treppen in den bis dahin hohlen Turmstumpf ein. Im August 2008 konnte die Aussichtsterrasse in Höhe des Uhrengeschosses - der alte Bläserbalkon - feierlich eröffnet werden. Im Jahre 2009 wurden, wieder mit Hilfe der Bundesrepublik Deutschland zusätzlich geforderte Feuerschutzmaßnahmen durchgeführt. Mit Spenden der Stadt Chojna sowie polnischen und deutschen Privatspenden wurde die alten Zifferblätter renoviert und die Uhren mit einem elektronischen Uhrwerk und Geläut ausgestattet.

Touristen können nun die Stadt Chojna mit ihren mittelalterlichen Bauwerken, dem Brunsbergh-Rathaus, dem Augustiner-Kloster und den zwei erhaltenen Stadttoren und Resten der Stadtmauer in der herrlichen Landschaft betrachten. Das frühere deutsche Königsberg in der Neumark war vor der Zerstörung "die Stadt der Tore und Türme", das "Rotenburg in der Neumark". Die polnische Bevölkerung gestaltet mit sehr gutem Erfolg die Innenstadt in Anlehnung an die mittelalterliche Bebauung in moderner Bauweise.

Wenn weitere öffentliche Mittel zur Verfügung stehen, ist die Ausbesserung der brüchigen Ziegelfassade des Turmes geplant, außerdem muss der Anschluss zwischen Kirchenschiff und Turm geschlossen werden. Das in den Jahren 1996/97 neu gebaute Kirchendach muss leider neu eingedeckt werden, da die Dachziegel trotz vorheriger Prüfung nicht einwandfrei geliefert wurden.

Im Innern der Kirche werden mit weiteren Privatspenden Gewölbebögen in den Umgangskapellen sowie alte Wendeltreppen renoviert.

nach oben Der Kirchenraum

Parallel zum Wiederaufbau des Kirchendaches und des Turmes bemüht sich die STIFTUNG MARIENKIRCHE auch um eine schrittweise Wiederherstellung und Neugestaltung des inneren Kirchenraumes. Die bis jetzt durchgeführten Arbeiten wurden durch viele kleine und große Zuwendungen und Spenden von polnischer und deutscher Seite, öffentlich und privat, ermöglicht.

Die Marienkapelle nach der Renovierung 2002

Als größtes Projekt ließ der "Förderverein Marienkirche" aus privaten deutschen Spenden in den Jahren 1999 bis 2002 die mittelalterliche Marienkapelle zu einem Vortrags- und Seminarraum ausgestalten. Er soll ehemaligen Königsbergern und ihren Nachkommen eine Möglichkeit zu Begegnungen und Erinnerungen an die Vergangenheit geben, er eignet sich auch zu Ausstellungen, kleinen Konzerten, zu Seminaren und Arbeitstreffen im Sinne der Völkerverständigung. Die Kosten betrugen etwa 26.000 €.

Die Stadt Chojna ließ bald nach Fertigstellung des Kirchendaches einen Rohfußboden aus Beton legen mit einer Erhöhung im Chorraum.

Die

Während des Beginns des Wiederaufbaues wurde die Ruine mit Brettertüren verschlossen. Nachdem das Dach fertiggestellt und auch die Fenster geschlossen waren, ließ die Stadt Chojna 1998 drei Eichenholztüren bauen, für den Turmeingang und die Eingänge auf der Südseite. Im selben Jahr beauftragte Familie Kumkar den polnischen Bildhauer Professor Dzwigaj aus Krakau mit dem Bau einer Bronzetür dort, wo früher eine massive barocke Eichentür, die Totentür, den Kirchenraum im Norden verschlossen hatte. Diese Tür erzählt in Bildern die Geschichte der Marienkirche vom Mittelalter bis zur Zerstörung, sie wurde zum Gedenken an den Initiator des Wiederaufbaues Günther Kumkar gestiftet.

Mit zahlreichen Privatspenden wurden nach und nach in den Jahren 2003 bis 2005 acht Stahlbetonstützen der neun Stützen, die das neue Dach tragen, mit Ziegelformsteinen ummantelt. So ist es später möglich, die historischen Sterngewölbe wieder zu errichten. Das einsturzgefährdete Gewölbe einer Kapelle der Nordseite konnte mit Kollektenmitteln aus dem Berliner Dom renoviert werden.

Für die nächste Zeit ist die Renovierung der Gewölbe über den Umgangskapellen geplant, wiederum aus Privatspenden. Für die Ausgestaltung des Kirchenraumes sorgten wiederum Spenden von Privatleuten und Kirchengemeinden: gebrauchte Kirchenbänke, Messingleuchten, eine elektronische Orgel. (siehe >> Partner und Förderer)

Informationen zu den in der Marienkirche erhaltenen Kunstgegenständen finden Sie in diesem >> Beitrag von Peter Helbich.

Aktuelle Informationen zum Fortgang des Wiederaufbaus finden Sie >> hier.