Förderverein für den Wiederaufbau der Marienkirche in Königsberg/Nm.
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Förderverein für
den Wiederaufbau der Marienkirche in Königsberg/Neumark e.V.

Zur GalerieGeschichte der Marienkirche bis 1945

Vorgängerkirche

Die heutige Marienkirche auf der kleinen Anhöhe in der Stadt ist nicht die erste Kirche an dieser Stelle. Bei Ausgrabungen fand man innerhalb der heutigen Kirche eine ältere Feldsteinkirche mit einem Grundriss über einem griechischen Kreuz, die bereits 1282 als Patronatskirche des Templerordens erwähnt wurde. Sie war ca. 35 m lang und 25 m breit und hatte eine Mittelschiffsbreite von 9m. Im Westen reichte sie bis zum Turm. Reste des Mauerwerks aus Granitquadern sind in der unteren und oberen Marienkapelle und am äußeren Mauerwerk noch heute zu sehen.

Brunsbergh-Kirche ab 1389

Baumeister
Heinrich Brunsbergh

Beim Beginn des Neubaus 1389, wohl unter dem Patronat des Johanniterordens, wurde der Chor der alten rechteckigen Kirche bis zu ihrem Querhaus abgebrochen und im Osten durch den Baumeister Heinrich Brunsbergh aus Stettin (Tafel an der Katharinenkirche in Brandenburg) begonnen. Brunsbergh plante eine dreischiffige Hallenkirche mit siebenseitigem Umgangschor und Kapellenkranz und, zunächst, mit drei vollständigen Langhausjochen ohne Querhaus. Auf der Südseite integrierte er einen Anbau mit der unteren und der oberen Marienkapelle. Dieser Bau wurde 1407 geweiht. Nach der Weihe wurden die Reste der alten Kirche abgerissen.

Gewölbegrundriss der Marienkirche

Der zweite Bauabschnitt fügt sich fast nahtlos an den ersten an, obwohl er erst in den Jahren 1451 - 59 errichtet wurde. Es scheint noch dieselbe Bauhütte von Brunsberg gewesen zu sein - Brunsbergh selbst ist vermutlich um 1435 gestorben. Die Ornamentik und die Zierziegel sind fast identisch, die Bauhütte hielt sich ziemlich streng an den einstigen Plan. Die Kirche wurde um drei weitere Joche erweitert bis zur ehemaligen Westwand der alten Kirche; ein rechteckiger Turm entstand ebenfalls in dieser Zeit.

Das Mittelschiff und auch die obere Marienkapelle wurden mit prächtigen Sterngewölben überbaut - mit einer auffallenden Besonderheit: der ostpreußischen Scheitelrippe. - (Könnte Heinrich Brunsberg vielleicht aus Braunsberg in Ostpreußen stammen?) - Der Chorumgang weist Springgewölbe auf, die Seitenschiffe und die angefügten Kapellen haben Kreuzrippengewölbe.

Innen liegende Strebepfeiler

Das Besondere dieser Hallenkirche sind allerdings die nach innen gezogenen Strebepfeiler als Wandpfeiler, die für den oberen Umgang durchbrochen sind. Brunsberg war der erste, der diese Bauart in Norddeutschland angewendet hat, vielleicht ist er sogar deren Erfinder. Dadurch wird die Abschlusswand nach außen verlegt. Wieweit Prager Einflüsse oder sogar italienische Elemente wirksam wurden, muss noch untersucht werden.

Das Äußere der Kirche wird gegliedert durch eine zweigeschossige Fensterteilung mit einfachen Maßwerkstäben und sehr flächigen Wandvorlagen in Höhe der inneren Wandpfeiler. Diese Pilaster zeichnen sich durch eine prächtige dreigeschossige Wimperggliederung aus, die mit roten, braunen und grünen Ziegel- und Klinkerformsteinen rund um die Kirche laufen. Das Dachgesims wird aus einem Fries von Kreiselementen gebildet. Ob der heute gerade Dachabschluss ursprünglich mit einer Zinnenattika versehen war, kann nur vermutet werden.

Da die Kirche trotz Bauunterbrechung mit sichtbarer Baunaht im östlichen Kirchenschiff nach der ursprünglichen Planung in einheitlich unveränderter Bauweise fertiggestellt wurde, gehört sie zu den reinsten gotischen Bauwerken des europäischen Ostens.

Maße der Kirche:
Länge ohne Turm: 57,20 m, mit Turm 70,80 m
Breite: 29,2o m breit, mit dem Anbau der Marienkapelle 34 m, Mittelschiffsbreite 9 m
Gesimshöhe des Kirchenschiffes etwa 20 m, bis zum Dachfirst 40 m
Kirchenraum 54,40 m lang und 27,2 m breit,
die Höhe des Mittelschiffs mit dem Gewölbe 17 m.

nach oben Restaurierung im 19. Jahrhundert

Innenansicht 19xx

Im 19. Jahrhundert, von 1882 bis 1884, wurde die Kirche von Friedrich Adler und Peveling restauriert, dabei wurden viele der früheren Ausstattungen entfernt. Die prächtige barocke Kanzel blieb erhalten, ein Werk des Italieners George Mattanovi, der sie zwischen 1701 und 1714 schuf, gestiftet vom Kaufmann M. Biesel. Auch die herrliche Barockorgel von 1736 des berühmten Berliner Orgelbauers Joachim Wagner erklang bis zum Ende des 2. Weltkrieges. Auch die prächtigen, farbigen Glasgemälde vom Anfang des 15. Jahrhunderts wurden bei dieser Renovierung mit überarbeitet und auf zwei Fenster reduziert.

Der neogotische Altar, der zur Einweihung des Turmes 1861 mit einem Altarbild von Pfannschmidt von der preußischen Königin Elisabeth gestiftet wurde, überdauerte die grundlegende Renovierung. Der gotische Taufstein, der ursprünglich seinen Platz in der zerstörten Annenkapelle hatte, wurde in die südöstliche Kapelle versetzt, jedoch überarbeitet. Er ist nun nach der Zerstörung 1945 das einzige ursprüngliche Ausstattungsstück!!

Fresko der Kreuzigung Christi durch die Tugenden

Sehr erwähnenswert sind zwei erhaltene gotische Fresken aus dem 15. Jahrhundert: Die Kreuzigung Christi durch die Tugenden - eine alte Legende - und eine Madonna auf der Mondsichel.

nach oben Wichtige Kapellen

Die Marienkapelle

Die Marienkapelle an der Südseite der Kirche ist eine Doppelkapelle mit Unter- und Oberkirche, die in ihren wesentlichen Teilen mit der Hauptkirche zwischen 1389 und 1407 errichtet wurde. In ihren unteren Mauern findet man noch Reste der alten Feldsteinkirche, der Vorgängerin der großen Marienkirche.

Die Unterkirche, unterhalb des Niveaus des Kirchenschiffes, besteht aus zwei Jochfeldern mit nahezu identischen Kreuzrippengewölben und Maskenkonsolen so, wie sie auch im Kapellenkranz der Hauptkirche ausgebildet sind - ein Beweis für die Bedeutung dieses Teiles der Kirche. Diese Kapelle war der einzige mit einer festen Tür abschließbare und beheizbare Raum und diente ab dem 16. Jahrhundert als Sakristei und Aufbewahrungsort der Abendmahlsgeräte und der Urkunden sowie des "Gemeindekastens", der Geldtruhe für Kollekten, Abgaben und Ablässe. Die Marienkapelle diente sicherlich auch als Versammlungsraum, vermutlich sogar für Ratssitzungen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde dieser repräsentative Raum mit seinem Gewölbe zum Heizungskeller für die Hauptkirche.

Die obere Kapelle war und ist offen zum übrigen Kirchenschiff und wurde vermutlich zu besonderen Marienandachten genutzt.

Die Annenkapelle

Südlich vom Turm lag die ehemalige Annenkapelle, die bis zum Jahre 1479 an die Kirche angebaut wurde und zwar in Flucht mit der Südwand. Sie hatte zwei Joche, die mit Sterngewölben überdeckt waren, und zwei zweigeschossige Fenster. 1843 wurde sie beim Einsturz des Turmes zerstört und abgetragen.

nach oben Der Turm

Kirche 19xx - Postkarte

Der heute ca. 102 m hohe Kirchturm wurde in den Jahren 1854-61 von dem Berliner Architekten Friedrich August Stüler entworfen und gebaut. Er ersetzte den 1843 eingestürzten gotischen Turm. Der Turm besteht aus hellrotem Ziegel, ist in seinem unteren, quadratischen Teil in drei Geschosse geteilt: Portalgeschoss mit Rosette über dem Eingang, Apostelgalerie in Anlehnung an französische Königsgalerien und das Glockengeschoss mit riesigen Maßwerkfenstern. Auch der oktogonale Helm auf achtseitigem Unterbau war ursprünglich vollständig aus Ziegeln, er wies acht riesige Fenster mit Wimpergen auf, die den Turm sehr transparent erscheinen ließen. Er war ca. 95 m hoch.

Die Turmspitze musste allerdings wegen starker Schäden bereits 1881/82 abgetragen werden und wurde in ursprünglicher Form wieder aufgemauert. Im Jahre 1932 war auch diese zweite filigrane Spitze so schadhaft, dass sie mit Stahlbändern gesichert werden musste. Vier Wimpergfenster wurden zugemauert und alle Wimperge abgeschlagen. Der gesamte Turmhelm erhielt damals eine schlichte Kupferbedeckung mit vier kleinen Fialtürmen. Zur Aussteifung des oktogonalen Unterbaues wurde ein quadratisches Uhrengeschoss errichtet, das heute noch sichtbar ist. Der Turm stand in dieser Form bis zur Zerstörung am 16. Februar 1945. So ist er den meisten ehemaligen Königsbergern in Erinnerung geblieben.

nach oben Zerstörung

So wie die Altstadt und das Rathaus wurde auch die Kirche nach dem Einmarsch der roten Armee im Februar 1945 ein Raub der Flammen. Die hölzernen Teile wie Dachstuhl, Turmummantelung und die gesamte reiche, barocke und neogotische Ausstattung verbrannten. Die herrlichen Sterngewölbe stürzten ein und rissen einen Teil der Hauptpfeiler um, die Glocken zerschlugen die Gewölbe im Turm. Einen Vortrag von Peter Helbich zu den noch erhaltenen Kunstgegenständen in der Marienkirche finden Sie >> hier.

Die wertvollen mittelalterlichen Glasfenster, die u. a. Bilder aus dem Leben des heiligen Alexius darstellen, wurden während des zweiten Weltkrieges zum Schutz ausgebaut und in stabile Eichenkisten verpackt und im Keller des Superintendentenhauses eingelagert. Wie Pfarrer Bliedner, der letzte deutsche Geistliche, später berichtete, hat er diese Kisten beim Verlassen von Königsberg im Juni 1945 noch gesehen. Über ihren Verbleib ist leider nichts bekannt, sie sind bis heute verschollen.

Im Januar 2010 erhielt der Förderverein vom „Forschungszentrum für mittelalterliche Glasmalerei“ in Freiburg im Breisgau die Nachricht, dass in ihrem Archiv 50 Farbdias der Königsberger Glasfenster lagern. Während des Ausbaues der insgesamt 109 Einzelfelder im Jahre 1942 wurden Aufnahmen angefertigt, wovon knapp die Hälfte heute noch in Freiburg liegen. Seit den Kontakten zu diesem Institut wird erneut nach den ausgebauten Glasfenstern gesucht. An den Nachforschungen, vor allem in Polen, beteiligen sich: der Förderverein, das Freiburger Institut und der Leiter des Oderlandmuseums in Bad Freienwalde, Herr Dr. Schmook.